Caesar
J. R. Becher
Jakob der Lügner
Gedichte
Gedichte
Leben des Galilei
weitere Stücke
‚Der kaukasische Kreidekreis'
Drei Groschen Roman
Drei Groschen Oper
Brentano
Büchner
Buslau
Die Pest
In Verrem
De officiis
De re publica
Der Besuch der alten Dame
Gedichte
Aus dem Leben eines Taugenichts
Einhard
Erasmus
Faust I
Gotthelf Die schwarze Spinne
Grass Blechtrommel
Gryphius Gedichte
Härtling Kinderbücher
'Ich denke oft an Piroschka'
Haushofer
Hebbel
Gedichte
Heym Georg
Heym Stefan
Die Outsider
Oden Hymnen
Oden Buch I
Oden Buch II
Oden Buch III
Oden Buch IV
carmen saeculare
Epoden
Sermones/Satiren
Keller Gottfried
King Stephan
Kleist
Krechel
Lersch
Nathan der Weise
Liliencron Gedichte
Livius Römische Geschichte

Sermones – Satirische Plaudereien

II,6



Hoc erat in votis: modus agri non ita magnus,
hortus ubi et tecto vicinus iugis aquae fons
et paulum silvae super his foret. auctius atque
di melius fecere. bene est. nil amplius oro,
5 Maia nate, nisi ut propria haec mihi munera faxis.
si neque maiorem feci ratione mala rem
nec sum facturus vitio culpave minorem,
si veneror stultus nihil horum: 'o si angulus ille
proximus accedat, qui nunc denormat agellum!
10 o si urnam argenti fors quae mihi monstret, ut illi,
thesauro invento qui mercennarius agrum
illum ipsum mercatus aravit, dives amico
Hercule!' si quod adest gratum iuvat, hac prece te oro:
pingue pecus domino facias et cetera praeter
15 ingenium, utque soles, custos mihi maximus adsis!
Ergo ubi me in montes et in arcem ex urbe removi,
quid prius inlustrem saturis Musaque pedestri?
nec mala me ambitio perdit nec plumbeus Auster
autumnusque gravis, Libitinae quaestus acerbae.
modus agri: fest abgegrenzter Grundbesitz; iugis, e: zusammengespannt, dauernd, beständig; auctus, a, um; PAdi. (v. augeo), nur im Compar. auctior, vermehrter = vergrößerter, größer, reichlicher; Arch. Konj. Perf. faxim (= fecerim); proprium, ii, n.: das Eigene, das Eigentum, venerari: anflehen, bitten, verehren; angulus: Ecke, Winkel; agellus: Gütchen; mercennarius: Tagelöhner; mercari: erhandeln; ut soleo (verst. facere), ut solet (verst. facere), wie ich es gewohnt bin, wie er es gewohnt ist, nach meiner, seiner Gewohnheit; prius, Adv.: eher, vorher,
[Lateinisch-deutsches Handwörterbuch: prius, S. 1. Digitale Bibliothek Band 69: Georges: Lateinisch-deutsches Wörterbuch, S. 44921 (vgl. Georges-LDHW Bd. 2, S. 1928)] il-lustro, avi, atum, are (illustris), erleuchten, einen Glanz verleihen, verherrlichen, auszeichnen; satira (altlat. satura), ae, f. (satur), die Satire, pedester, tris, tre (pes), zu Fuß, Fuß-, gewöhnlich, einfach, ohne poetischen Schwung, ohne Pathos; plumbeus: bleiern, schwer von Begriff; Libitina: Leichengöttin


Dies war in meinen Gebeten: ein nicht so großes Landgut, wo ein Garten sein wird und nahe beim Haus eine Quelle beständigen Wassers und über diesen ein wenig Wald. Reichlicher und besser haben die Götter es gefügt. So ist es gut. Nichts weiter bitte ich, Sohn der Maia (Merkur), außer dass du mir diese Geschenke als bleibendes Eigentum gegeben hast. Wenn ich nicht mein Eigentum durch ein übles Geschäft größer gemacht habe und nicht dabei bin, es durch einen Missgriff oder durch Nachlässigkeit zu verkleinern, wenn ich nichts von dem töricht erflehe: „O wenn jener Winkel ganz in der Nähe wiche, der jetzt mein Gütchen unregelmäßig macht, o wenn irgendein Glücksfall mir eine Urne mit Silber zeigte wie jenem Tagelöhner, der, nachdem er einen Schatz gefunden hatte, eben diesen Acker, nachdem er ihn gekauft hatte, bestellte, reich (nun), weil Hercules freundlich ist!“ Wenn irgendetwas da ist, was mich als Dankbaren erfreut, bitte ich dich in diesem Gebet: Mache dem Herrn das Vieh fett und alles übrige außer dem Geist (der soll nicht verfetten) und stehe mir bei als treuester Wächter, wie du es gewohnt bist! Sobald ich mich also aus der Stadt in die Berge und in die Burg zurückgezogen habe, was möchte ich eher verherrlichen mit den Satiren und der schlichten Muse? Und nicht richtet mich übler Ehrgeiz zugrunde und nicht der bleischwere Südwind und nicht der drückende Herbst, das Amt der bitteren Libitina (Erschwernisse des Lebens in der Stadt).



20 Matutine pater, seu Iane libentius audis,
unde homines operum primos vitaeque labores
instituunt (sic dis placitum), tu carminis esto
principium. Romae sponsorem me rapis: 'heia,
ne prior officio quisquam respondeat, urge.'
25 sive Aquilo radit terras seu bruma nivalem
interiore diem gyro trahit, ire necesse est.
postmodo quod mi obsit clare certumque locuto
luctandum in turba et facienda iniuria tardis.
'quid tibi vis, insane?' et 'quam rem agis?' inprobus urget
30 iratis precibus: 'tu pulses omne quod obstat,
ad Maecenatem memori si mente recurras.'
Hoc iuvat et melli est, non mentiar. at simul atras
ventum est Esquilias, aliena negotia centum
per caput et circa saliunt latus. 'ante secundam
35 Roscius orabat sibi adesses ad Puteal cras.'
'de re communi scribae magna atque nova te
orabant hodie meminisses, Quinte, reverti.'
'inprimat his, cura, Maecenas signa tabellis.'
dixeris: 'experiar': 'si vis, potes,' addit et instat.
respondere: u. a. sagen, dass man da sei, sich melden; aquilo, onis, m: der Nordwind, bei den Griechen boreas; rado, rasi, rasum, ere, scharren, schaben, kratzen, streichen, bestreichen, berühren; bruma, ae. F: die Zeit des scheinbaren Stillstands der Sonne im Steinbock, die Wintersonnenwende, der Wintersanfang, die Zeit der kürzesten Tage, poet. Übtr. die eig. Winterzeit, Winterkälte, der Winterfrost; interior: übtr., dem Mittelpunkte näher = kleiner, kürzer, vom Kreislaufe, gyrus, Hor.; postmodo: bald darauf, späterhin, in der Folge; luctor, atus sum, ari: ringen, als Ringer-, im Ringkampf kämpfen; iniuria, ae, f.: jede widerrechtliche Handlung = das Unrecht, die Rechtsverletzung, Ungerechtigkeit, Gewalttätigkeit; quid tibi vis?: was fällt dir ein?; sum mit Dativ der Bestimmung, des Zwecks: wozu passen; simul atque: sobald als; puteal, alis, Abl. ali, n.: die Brunneneinfassung von Marmor, übtr., ein nach oben unbedeckter und daher einer Brunneneinfassung sehr ähnlicher kleiner Tempel, der über einem durch ein besonderes Ereignis geheiligten Orte errichtet wurde, das Puteal. So in Rom auf dem Forum; im-primo, pressi, pressum, ere (in u. premo), hinein- , eindrücken;


Oh, Vater des Morgens, oder du hörst lieber: oh Janus, von dem her die Menschen die ersten Mühen der Arbeit und des Lebens beginnen, wenn es den Göttern gefällt, sei du der Anfang meines Lieds. In Rom ergreifst du mich als Bürgen: „Voran, damit nicht irgendeiner bei der Gefälligkeit früher sich meldet, halt dich dran.“ Ob der Nordwind die Erde bestreicht oder die Wintersonnenwende den schneeigen Tag auf kürzerem Kreis heranschleppt, es ist nötig auszugehen. Nachdem ich laut und deutlich gesprochen habe, was mir später schaden wird, muss in der Menge gekämpft und den Langsamen Gewalt zugefügt werden. „Was fällt dir ein, Dummkopf?“ und „Was machst du für Sachen?“ setzt (mir) ein gemeiner Kerl zu mit zornigen Flüchen, „Du stößt alles auf Seite, was dir entgegensteht, wenn du mit erinnerndem Gedächtnis ständig (re…) zu Maecenas eilst.“ Das freut mich und passt zu Honig, ich will es nicht leugnen. Aber sobald man (er kann nicht allein gehen) zum schwarzen Esquilin gekommen ist, springen hundert fremde Geschäfte durch den Kopf und um meine Seite herum. „Roscius lässt dich bitten (Tempussetzung im Briefstil), du möchtest morgen vor der zweiten Stunde am Puteal ihm helfen.“ „ Die Schreiber lassen dich, Quintus, bitten, du mögest dich heute erinnern, wegen einer wichtigen und neuen öffentlichen Angelegenheit zurückzukehren.“ „Sorge dafür, Maecenas möge auf die Schriftstücke diese Siegel drücken.“ Du magst gesagt haben (Horaz spricht zu sich selbst): „Ich werde es versuchen.“ „Du kannst, wenn du willst“, fügt er hinzu und besteht darauf.



40 Septimus octavo propior iam fugerit annus,
ex quo Maecenas me coepit habere suorum
in numero, dumtaxat ad hoc, quem tollere raeda
vellet iter faciens et cui concredere nugas
hoc genus: 'hora quota est?' 'Thraex est Gallina Syro par?'
45 'matutina parum cautos iam frigora mordent',
et quae rimosa bene deponuntur in aure.
per totum hoc tempus subiectior in diem et horam
invidiae noster. ludos spectaverat, una
luserat in Campo: 'Fortunae filius' omnes.
50 frigidus a rostris manat per compita rumor:
quicumque obvius est, me consulit: 'o bone nam te
scire, deos quoniam propius contingis, oportet,
numquid de Dacis audisti?' 'nil equidem.' 'ut tu
semper eris derisor.' 'at omnes di exagitent me,
55 si quicquam.' 'quid? militibus promissa Triquetra
praedia Caesar an est Itala tellure daturus?'
iurantem me scire nihil mirantur ut unum
scilicet egregii mortalem altique silenti.
dumtaxat: Adv. indem man des genau abschätzt, nur, lediglich, wenigstens, natürlich, natürlich nur dazu; raeda: Reisewagen; con-credo, didi, ditum, ere: anvertrauen; quotus, a, um (quot), der wievielste, quotus erit iste denarius, quota hora est? wieviel Uhr ist es? Hor.; Thrax, acis, m.:ein Thrazier; rimosus: voller Ritzen, leck; subiectus: unterworfen, ausgesetzt; compitum: Kreuzung, Pl. öffentliche Plätze; contingo, tigi, tactum, ere (con u. tango): tr. berühren, anrühren; equiden: in der Tat, ich meinerseits; derisor: Spötter;


Das siebte Jahr mag schon entflohen sein, näher am achten, seit Maecenas begann, mich unter die Zahl der Seinen zu zählen; natürlich nur dazu: Er wollte, eine Reise unternehmend, diesen (Horaz meint sich selbst) im Reisewagen mitnehmen und ihm Nichtigkeiten anvertrauen wie diese Art: „Die wievielte Stunde ist es?“ „Ist der Thraker Gallina dem Syrus gleich?“ Die Morgenkühle beißt schon die, die zu wenig vorsichtig sind“, und was in einem lecken Ohr gut abgelegt werden kann (weil es schnell wieder herausfließt; Georges interpretiert anders). Diese ganze Zeit hindurch ist unsereiner von Tag zu Tag und Stunde zu Stunde mehr dem Neid ausgesetzt. Er hatte sich Spiele angesehen, hatte zusammen (mit Maecenas) auf dem Marsfeld gespielt. „Ein Sohn des Glücks“ sagten alle. Ein schauriges Gerücht breitet sich von der Rednerbühne auf die Plätze aus. Jeder, der mir entgegenkommt, befragt mich: „Oh Guter – denn es ist angebracht, dass du es weißt, da du die Götter näher anrührst -, hast du irgendwas über die Daker gehört?“ „Wirklich nichts.“ „Wahrlich, du wirst immer ein Spötter sein.“ „Aber alle Götter sollen mich tadeln, wenn (ich) irgendetwas.“ „Was? Ist Caesar dabei den Soldaten die versprochene Belohnung auf sizilischer oder italischer Erde zu geben?“ Mich, der ich schwöre, nichts zu wissen, bewundern sie wie den einzigen Sterblichen von selbstverständlich herausragenden und tiefem Schweigen.



Perditur haec inter misero lux non sine votis:
60 o rus, quando ego te adspiciam quandoque licebit
nunc veterum libris, nunc somno et inertibus horis,
ducere sollicitae iucunda oblivia vitae?
o quando faba Pythagorae cognata simulque
uncta satis pingui ponentur oluscula lardo?
65 o noctes cenaeque deum, quibus ipse meique
ante Larem proprium vescor vernasque procaces
pasco libatis dapibus. prout cuique libido est,
siccat inaequalis calices conviva, solutus
legibus insanis, seu quis capit acria fortis
70 pocula, seu modicis uvescit laetius. ergo
sermo oritur, non de villis domibusve alienis,
nec male necne Lepos saltet; sed, quod magis ad nos
pertinet et nescire malum est, agitamus: utrumne
divitiis homines an sint virtute beati,
75 quidve ad amicitias, usus rectumne, trahat nos
et quae sit natura boni summumque quid eius.
oblivium: Vergessenheit; sollicitus: unruhig, besorgt; faba: Bohne; cognatus: blutsverwandt; unctus: fett, üppig; olusculum (holusculum), i, n.: (Demin. v. olus): Küchenkraut, Gemüse, Kohl; laridum u. (zsgz.) lardum, i, n.:, eingepökeltes und getrocknetes Schweinefleisch, Pökelfleisch; lar, aris: Haus, Wohnung, Herd; vesci: von etwas sich nähren, genießen; pasco: zur Weide führen, füttern, nähren; verna, ae m.: Sklave; procax, acis: dreist, fordernd, zudringlich, frech; libare: spenden, weihen, ein wenig wegnehmen, kosten, genießen; prout: je nachdem, so wie; conviva, ae, c. (con u. vivo): der Tischgenosse, Gast, calix, icis m.: Becher, Kelch; uvescere: feucht werden, sich bezechen; modicus: angemessen, passend; nec-ne: Adv., oder nicht, im zweiten Teile einer Doppelfrage, lepos, oris, m.: die Anmut, Lepos Name für einen Pantomimen; pertineo, tinui, ere (per u. teneo): sich hin erstrecken, sich erstrecken, sich hinziehen; agito, avi, atum, are: mit Hast, Eifer in Bewegung setzen, hastig-, eifrig treiben; rectus: recht, sittlich gut, pflichtgemäß, tugendhaft, im Neutrum subst., das Rechte, Gute, Tugendhafte,


Bei (all) diesem wird mir Armen der Tag verdorben nicht ohne die Wünsche: Oh, mein Landgut, wann werde ich dich schauen und wann wird es erlaubt sein, jetzt durch die Bücher der Alten, dann im Schlaf und in müßigen Stunden angenehmes Vergessen des ruhelosen Lebens herbeizuführen. Oh wann werden die dem Pythagoras blutsverwandten Bohnen (P. soll das Essen der Bohnen verboten haben, weil in ihnen die Seelen von Menschen seien.) und zugleich der durch genügend fettes Pökelfleisch leckere Kohl aufgetragen? Oh ihr Nächte und Mahlzeiten der Götter, bei denen ich selbst und die Meinen vor eigenem Herd sich nähren und ich die vorlauten Sklaven bewirte, nachdem die Speisen geweiht worden sind. Je nachdem wie einem jeden zumute ist, leert der Gast die ungleichen Becher, nicht gebunden an sinnlose Regeln, sei es, dass einer tapfer die gewaltigen Becher ergreift, sei es, dass er vergnüglicher sich mit mäßigen bezecht. Ein Gespräch entsteht, nicht über fremde Villen oder Häuser, und nicht, ob Lepos schlecht tanzt oder nicht; sondern was sich mehr auf uns bezieht und was nicht zu wissen ein Übel ist; wir besprechen eifrig, ob die Menschen durch Reichtum oder durch Tugend glücklich sind, oder was zur Freundschaft führt, Vorteil oder sittliche Bindung, und was das Wesen des Guten und was dessen höchstes Bedeutung sei.



Cervius haec inter vicinus garrit anilis
ex re fabellas. si quis nam laudat Arelli
sollicitas ignarus opes, sic incipit: 'olim
80 rusticus urbanum murem mus paupere fertur
accepisse cavo, veterem vetus hospes amicum,
asper et attentus quaesitis, ut tamen artum
solveret hospitiis animum. quid multa? neque ille
sepositi ciceris nec longae invidit avenae,
85 aridum et ore ferens acinum semesaque lardi
frusta dedit, cupiens varia fastidia cena
vincere tangentis male singula dente superbo,
cum pater ipse domus palea porrectus in horna
esset ador loliumque, dapis meliora relinquens.
90 tandem urbanus ad hunc 'quid te iuvat' inquit, 'amice,
praerupti nemoris patientem vivere dorso?
vis tu homines urbemque feris praeponere silvis?
carpe viam, mihi crede, comes, terrestria quando
mortalis animas vivunt sortita, neque ulla est
95 aut magno aut parvo leti fuga: quo, bone, circa,
dum licet, in rebus iucundis vive beatus,
vive memor, quam sis aevi brevis.' haec ubi dicta
agrestem pepulere, domo levis exsilit; inde
ambo propositum peragunt iter, urbis aventes
100 moenia nocturni subrepere. iamque tenebat
nox medium caeli spatium, cum ponit uterque
in locuplete domo vestigia, rubro ubi cocco
tincta super lectos canderet vestis eburnos
multaque de magna superessent fercula cena,
105 quae procul exstructis inerant hesterna canistris.
ergo ubi purpurea porrectum in veste locavit
agrestem, veluti succinctus cursitat hospes
continuatque dapes, nec non verniliter ipsis
fungitur officiis, praelambens omne quod adfert.
110 ille cubans gaudet mutata sorte bonisque
rebus agit laetum convivam, cum subito ingens
valvarum strepitus lectis excussit utrumque.
currere per totum pavidi conclave magisque
exanimes trepidare, simul domus alta Molossis
115 personuit canibus. tum rusticus: 'haud mihi vita
est opus hac' ait et 'valeas: me silva cavusque
tutus ab insidiis tenui solabitur ervo.''
garrire: plaudern, plappern; anilis: altweibermäßig; sollicitus, a, um: stark bewegt, -erregt, aufgeregt, in unruhige Spannung versetzend, beunruhigend, spätlat. = unsicher, verdächtig; attentus: hier mit Dativ aufmerksam = sorgfältig bedacht auf; quaerere: suchen = durch Arbeit, Verdienst zu erwerben suchen, erwerben, verdienen; invidere mit Gen.: Gräzismus; avena: Hafer; aridus: trocken, dürr, durstig, ärmlich; acinus: Weinbeere; sem-esus: halbverzehrt; laridum u. (zsgz.) lardum, i, n.: eingepökeltes und getrocknetes Schweinefleisch, Pökelfleisch; frustum: Stückchen, Brocken; fastidium: Überdruss, Widerwille, Verwöhntheit; edo, edi, esum (essum), edere u. esse (edo), essen, speisen; pati: u. a. standhaft-, unter Beschwerden-, unter Entbehrungen ausharren, es aushalten; praeruptus: abschüssig, steil; terrestris, e: auf der Erde befindlich, irdisch; sortior, itus sum, iri (sors): losen, erlangen, bekommen, erhalten; quocirca: weshalb, deshalb; esse: mit einem Genet. od. Abl. der Beschaffenheit, sein von einer Beschaffenheit, eine Beschaffenheit haben; aveo: nach etwas verlangen; sub-repo (surrepo), repsi, reptum, ere: hinunterkriechen, untenhin kriechen, herzuschleichen; spatium u. a.: Zeitabschnitt, Zeitraum, die Zeit; locuples, etis: wohlhabend, gut ausgestattet; coccum: Scharlachfarbe; candeo, ui, ere: glänzend-, schimmernd weiß sein, glänzen, schimmern; vestis, is f.: die Teppich, womit man die Ruhebetten belegte; eburnus: elfenbeinern; ferculum: Gang, Gericht, Speise; procul: in einiger Entfernung,
exstruere: aufschichten, beladen; hesternus: gestrig; canistrum, i, n.: ein aus Rohr geflochtener Brot-, Frucht-, Blumenkorb; succingere: aufschürzen; cursitare: hin und herlaufen; continuare: aneinanderfügen; verniliter: wie ein Haussklave, praelambare: vorher belecken; agere: u. a. irgendwie sich benehmen, sich zeigen, sich verhalten, darstellen, vortragen, spielen; valva: Türflügel, Doppeltür; ex-cutio, cussi, cussum, ere: heraus-, herab-, abschütteln, -stoßen, -schlagen, -werfen; trepidare: ängstlich hin und her laufen simul ut u. bl. Simul: sobald als; per-sono, sonui, sonitum, are: intr. durch und durch ertönen, laut erschallen, widerhallen; tenuis: schlicht, gering; solor, otus sum, ari: trösten, übtr.: a) erleichtern, lindern, mildern, beschwichtigen, zu lindern (zu mildern, zu beschwichtigen) suchen, erträglich machen oder vergessen machen, b) jmd. schadlos halten, entschädigen; ervum: Wicke


Dazwischen plaudert zur Sache passend der Nachbar Cervinus Altweibergeschichten. Denn wenn einer nichtsahnend die aufregenden Schätze des Arellius lobt, beginnt er folgendermaßen:
„Es wird berichtet, dass einst eine Landmaus eine Stadtmaus in ihrem ärmlichen Loch aufgenommen hat als alte Gastfreundin eine alte Freundin; wie streng und sparsam mit dem Erworbenen sie auch war, lockerte sie doch für die Bewirtung ihren festen Sinn. Kurzum. Jene sparte weder mit der auf Seite gelegten Erbse noch mit dem langen Haferhalm und gab, im Maul tragend, eine trocken Weinbeere und ein angeknabbertes Stückchen Pökelfleisch, begierig, durch abwechslungsreiche Speise deren Widerwillen zu besiegen, die mit hochmütigem Zahn das eine nach dem anderen kaum berührte, während die Hausfrau selbst, ausgestreckt auf heuriger Spreu Dinkel und Lolch aß, das Bessere der Speise übriglassend.
Schließlich sagte die Stadtmaus zu dieser: ‚Welches Vergnügen bereitet es dir, meine Freundin, auf dem Rücken des abschüssigen Waldes, unter Entbehrungen ausharrend, zu leben? Willst du die Menschen und die Stadt den wilden Wäldern (nicht; „vis tu: eine Formel lebhafter Aufforderung“ K-H) vorziehen? Mach dich auf den Weg, vertraue mir, Freundin! Weil die Irdischen leben, indem sie sterbliche Seelen erlangt haben, und es keine Flucht vor dem Tod gibt für Groß noch Klein, deshalb, oh Gute, lebe glücklich in angenehmen Verhältnissen, solange es erlaubt ist, lebe, stets daran denkend, welch kurze Zeit du hat (von welch … du bist).“
Sobald diese Worte die Feldmaus angestoßen haben, springt sie behänd aus ihrem Loch. Von dort unternehmen die beiden die vorgeschlagene Reise, verlangend als Nächtliche die Stadtmauer zu unterkriechen. Und schon hielt die Göttin der Nacht den mittleren Raum des Himmels besetzt, als beide ihre Spuren in ein wohlhabendes Haus setzten, wo der in rote Scharlachfarbe getauchte Teppich über den elfenbeinernen Sofas glänzte und von einem großen Mahl viele Speisen übrig waren, die als gestrige in einiger Entfernung in beladenen Körben waren. Sobald die Wirtin die Landmaus auf einem purpurnen Teppich platziert hat, läuft sie umher wie eine aufgeschürzte Wirtin, reiht Speise an Speise und erfüllt die Pflichten selbst wie von Sklaven, vorher alles beleckend, was die aufträgt (wohl nicht vorkostend, sondern naschend K.-H.). Die Landmaus, da liegend, freut sich über das veränderte Los und spielt bei den guten Umständen einen frohen Gast, als plötzlich ein ungeheurer Lärm der Flügeltür beide vom Sofa reißt. Angstvoll laufen sie durch das ganze Zimmer und mehr noch entsetzt irren sie bang umher, als das hohe Haus von Molosserhunden widerhallt. Dann ruft die Landmaus: ‚Mir ist dieses Leben nicht dienlich und‘, sagt sie, ‚leb wohl; mich wird der Wald und mein vor Nachstellungen sicheres Loch mit/für magere(r) Wicke entschädigen.‘ “



Buch II, 1. Satire

HaftungsausschlussImpressum