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Sermones - satirische Plaudereien
Liber 1,6
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Non quia, Maecenas, Lydorum quidquid Etruscos incoluit finis, nemo generosior est te, nec quod avus tibi maternus fuit atque paternus olim qui magnis legionibus imperitarent, 5 ut plerique solent, naso suspendis adunco ignotos, ut me libertino patre natum. cum referre negas, quali sit quisque parente natus, dum ingenuus, persuades hoc tibi vere, ante potestatem Tulli atque ignobile regnum 10 multos saepe viros nullis maioribus ortos et vixisse probos amplis et honoribus auctos, contra Laevinum, Valeri genus, unde Superbus Tarquinius regno pulsus fugit, unius assis non umquam pretio pluris licuisse, notante 15 iudice quo nosti, populo, qui stultus honores saepe dat indignis et famae servit ineptus, qui stupet in titulis et imaginibus. |
imperitare: befehlen; suspendo, pendi, pensus, ere: aufhängen, ad-uncus, a, um: hackenförmig einwärts gekrümmt, eingebogen; alqm naso adunco suspendere: jemanden an der gekrümmten Nase aufhängen; ignotus: fremd, niedriger Herkunft; referre: zurückführen, zurückbeziehen, zum Maßstab nehmen; dum: wenn nur (Menge 387); ingenuus: angeboren, natürlich, freigeboren; persuades hoc tibi vere mit AcI: du überredest dir dies auf wahrhaftige Weise, du hegst die richtige Überzeugung; ignobilis: unbekannt der Geburt nach, von niederer (geringer) Herkunft (Abkunft), niedrig; augeo, auxi, auctum, ere: wachsen od. gedeihen machen od. lassen, im Wachstum fördern, erweitern, erhöhen, verstärken; unde: u. a. Ursprung, Grund, Veranlassung, Mittel u. dgl. bezeichnend, woher; liceo, licui, licitum, ere: feil sein, zum Verkaufe ausgeboten werden, so u. so hoch taxiert werden; notare: mit einem Tadel belegen, den Namen eines röm. Bürgers wegen eines Vergehens im Protokolle mit einer tadelnden Bemerkung versehen; |
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Nicht weil niemand edler ist als du, was von den Lydern die etruskischen Gebiete bewohnt hat, und nicht weil du Vorfahren mütterlicher- und väterlicherseits gehabt hast, welche großen Heerhaufen befahlen, hängst du Leute niedriger Herkunft wie mich, der ich von einem Freigelassenen stamme, an der gekrümmten Nase auf („die Nase so hochheben, dass der andere, den man übersehen will, sich daran aufhängen kann“ H. Schütz, gerümpfte Nase), so wie die meisten es zu tun pflegen. Während du dich weigerst zum Maßstab zu nehmen, vom welchem Vater ein jeder abstamme, wenn er nur freigeboren ist, hegst du die richtige Überzeugung, dass (schon) vor der Herrschaft des Tullius und (dessen) Königtum von niederer Herkunft oft viele Männer, die nicht bedeutenden Vorfahren entstammten sowohl rechtschaffen als auch mit bedeutenden Ehrenstellen erhöht gelebt haben, dass dagegen Laevinus, aus dem Geschlecht des Valerius, durchden Tarquinius Superbus, aus der Herrschaft vertrieben, floh, niemals um den Preis eine einzigen Asses mehr feil gewesen ist, während das Volk als Richter, als den (‚quo‘ Attraktion) du es kennst, einen Tadel ausspricht, das Volk, das töricht oft Unwürdigen Ehrenstellungen gibt, dümmlich dem Bekanntheitsgrad dient, das ins Staunen gerät bei Titeln und Ahnenbildern.
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°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°quid oportet nos facere a volgo longe longeque remotos? namque esto: populus Laevino mallet honorem 20 quam Decio mandare novo censorque moveret Appius, ingenuo si non essem patre natus: vel merito, quoniam in propria non pelle quiessem. sed fulgente trahit constrictos Gloria curru non minus ignotos generosis. quo tibi, Tilli, 25 sumere depositum clavum fierique tribuno? invidia adcrevit, privato quae minor esset. nam ut quisque insanus nigris medium impediit crus pellibus et latum demisit pectore clavum, audit continuo 'quis homo hic est? quo patre natus?' 30 ut siqui aegrotet quo morbo Barrus, haberi et cupiat formosus, eat quacumque, puellis iniciat curam quaerendi singula, quali sit facie, sura, quali pede, dente, capillo: sic qui promittit civis, urbem sibi curae, 35 imperium fore et Italiam, delubra deorum, quo patre sit natus, num ignota matre inhonestus, omnis mortalis curare et quaerere cogit. 'tune, Syri Damae aut Dionysi filius, audes deicere de saxo civis aut tradere Cadmo?' 40 'at Novius collega gradu post me sedet uno; namque est ille, pater quod erat meus.' 'hoc tibi Paulus et Messalla videris? at hic, si plostra ducenta concurrantque foro tria funera magna, sonabit, cornua quod vincatque tubas: saltem tenet hoc nos.' |
oportet, tuit, ere, verb. impers., es muß, es ist nötig, es gebührt sich; movere: entfernen verdrängen, alqm (de) senatu: aus dem Senat verdrängen; quiescere: ruhig sein, sich ruhig verhalten, Ruhe halten; constringere: fesseln; quo: u. a. wozu; clavus, i: purpurner Tunikabesatz; im-pedio, ivi u. ii, itum, ire: eig. mit Fußfesseln fesseln; dah. übh. verwickeln, verstricken, umgeben, umwickeln; crus, cruris n.: Schenkel, Schienbein; pellis, is f.: Fell, Haut, auch Schuhriemen, Schnürriemen, pelles nigrae, Hor. sat. 1, 6, 27; de-mitto, misi, missum, ere, herabschicken, -gehen (-steigen) lassen, -fallen lassen; latus clavus = breit gestreifte Tunika; continuo, Adv.: ununterbrochen; inicere: hineinwerfen, auch verursachen; hoc: Abl. neutrum = hac re – deshalb; hic: hier, auf dieser Stelle, bei dieser Gelegenheit; plaustrum: Lastwagen; saltem: wenigstens; |
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Was gehört sich für uns, weit, so weit vom Volk entfernt, zu tun? Ja so sei es: das Volk würde lieber die Amtswürde dem Laevinus als dem Decius, dem aus dem Volk, anvertrauen. Und der Zensor Appius würde mich herausdrängen (aus dem Senat), wenn ich nicht von einem freigeborenen Vater stammte, und auch mit recht, da ich in meiner eigenen Haut nicht Ruhe geben würde. Aber die Ruhmesgöttin führt in glänzendem Wagen gefesselt nicht weniger die Niedriggeborenen als die Edelgeborenen mit sich. Wozu (half es) dir, Tillius, den abgelegten Purpurbesatz wieder zu nehmen und Volkstribun zu werden (Dativ ‚tribuno‘ bei Horaz möglich). Der Neid ist angewachsen, der für einen Privatmann geringer wäre. Denn sobald jeder Tor die Mitte des Schienbeins mit schwarzen Schnürriemen umwickelt hat und von der Brust die breitgestreifte Tunica herabfallen lässt, so hört er ständig: Wer ist dieser Mann? Von welchem Vater stammt er ab?“ So wie der, wenn er etwa an der Krankheit leidet, an der Barrus leidet, wünscht für schön gehalten zu werden, den Mädchen, wo immer er geht, Mühe macht, Einzelheiten zu erforschen, wie sein Gesicht aussieht (von welch beschaffenen Gesicht er sei, Abl. qual.), wie seine Wade, wie der Fuß, der Zahn, das Haar, so zwingt auch der Mann, der verspricht, dass die Bürger, dass die Stadt, die Herrschaft und Italien, dass die Tempel der Götter ihm am Herzen liegen würden, alle Sterblichen, sich zu bekümmern und auszuforschen, von welchem Vater er abstamme und ob er etwa durch eine unfreie Mutter unedel von Geburt sei. „Wagst du etwa, du Sohn eines Syrers Dama (Sklavenname) oder eines Dionysus, Bürger vom Felsen zu stürzen oder dem Cadmus (berüchtigter Henker für Kreuzigung) auszuliefern?“ „Aber der Kollege Novius sitzt noch einen Rang hinter mir, denn jener ist (noch), was mein Vater war (nämlich Freigelassener).“ „Scheinst du dir deswegen ein Paulus und Messalla zu sein? Und bei der Gelegenheit: Wenn zweihundert Lastwagen und drei große Leichenzüge auf dem Markt zusammentreffen, wird er ertönen lassen, was Hörner und Tuben besiegt: Wenigstens das fesselt uns (das Volk, das sich freut, dass Novius eine so laute Stimme hat, vielleicht als Redner geeignet ist).“
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45 nunc ad me redeo libertino patre natum, quem rodunt omnes libertino patre natum, nunc, quia sim tibi, Maecenas, convictor, at olim, quod mihi pareret legio Romana tribuno. dissimile hoc illi est, quia non, ut forsit honorem 50 iure mihi invideat quivis, ita te quoque amicum, praesertim cautum dignos adsumere, prava ambitione procul. felicem dicere non hoc me possim, casu quod te sortitus amicum; nulla etenim mihi te fors obtulit: optimus olim 55 Vergilius, post hunc Varius dixere, quid essem. ut veni coram, singultim pauca locutus-- infans namque pudor prohibebat plura profari-- non ego me claro natum patre, non ego circum me Satureiano vectari rura caballo, 60 sed quod eram narro. respondes, ut tuus est mos, pauca; abeo, et revocas nono post mense iubesque esse in amicorum numero. magnum hoc ego duco, quod placui tibi, qui turpi secernis honestum non patre praeclaro, sed vita et pectore puro. |
rodere: benagen, herabsetzen, verkleinern, verleumden; convictor, oris, m. (convivo), der tägliche Gesellschafter, Tischgenosse, der Hausfreund; qui-vis, quaevis, quidvis u. adi. Quodvis: wer od. was es nur sei, dah. jeder, jede, jedes ohne Unterschied; sortior, itus sum, iri (sors): losen, durch das Los erlangen, erlosen; singulatim: stockend; infans: stumm, lallend, kindlich, kindisch; vectare: fahren, Passiv vectari - getragen werden, reiten; se-cerno, crevi, cretum, ere: ab- od. aussondern, ab- od. ausscheiden, trennen, unterscheiden |
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Nun kehre ich zu mir zurück, der von einem freigelassenen Vater abstammt, und den, der von einem freigelassenen Vater abstammt, alle bekritteln, jetzt, weil ich dir, Maecenas, ein Freund sei, und einst, weil mir als Tribun eine römische Legion gehorchte. Unähnlich ist dieses jenem, weil, wie vielleicht mit Recht mir die militärische Ehre jeder neide, so nicht dich auch als Freund, der du zumal behutsam dabei bist, die Würdigen zu wählen, entfernt von üblem Ehrgeiz (viele Klienten zu haben). Ich kann mich nicht deswegen glücklich nennen, weil ich dich zufällig als Freund erlost habe, denn kein blinder Zufall hat dich mir zugeführt. Damals schon haben der höchst treffliche Vergil und nach diesem Varius gesagt, was ich bin. Als ich vor aller Augen gekommen war, stockend weniges sprechend, denn befangene Scheu hinderte, mehreres zu offenbaren; nicht dass ich von einem berühmten Vater abstamme, nicht, dass ich auf einem satureianischen Pferd um die Felder herum reite, erzähle ich, sondern was ich war. Du antwortest weniges, wie es deine Art ist. Ich gehe fort, und du rufst mich im neunten Monat darauf zurück und befiehlst, einer in der Zahl deiner Freunde zu sein. Ich achte dies für groß, dass ich dir gefallen habe, der du den Ehrenhaften vom Gemeinen unterscheidest nicht aufgrund eines berühmten Vaters, sondern aufgrund der Lebensführung und eines reinen Herzens.
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65 atqui si vitiis mediocribus ac mea paucis mendosa est natura, alioqui recta, velut si egregio inspersos reprendas corpore naevos, si neque avaritiam neque sordes nec mala lustra obiciet vere quisquam mihi, purus et insons, 70 ut me collaudem, si et vivo carus amicis, causa fuit pater his; qui macro pauper agello noluit in Flavi ludum me mittere, magni quo pueri magnis e centurionibus orti laevo suspensi loculos tabulamque lacerto 75 ibant octonos referentes idibus aeris, sed puerum est ausus Romam portare docendum artis quas doceat quivis eques atque senator semet prognatos. vestem servosque sequentis, in magno ut populo, siqui vidisset, avita 80 ex re praeberi sumptus mihi crederet illos. ipse mihi custos incorruptissimus omnis circum doctores aderat. quid multa? pudicum, qui primus virtutis honos, servavit ab omni non solum facto, verum opprobrio quoque turpi 85 nec timuit, sibi ne vitio quis verteret olim, si praeco parvas aut, ut fuit ipse, coactor mercedes sequerer; neque ego essem questus. at hoc nunc laus illi debetur et a me gratia maior. |
atqui: aber doch, nun aber; mendosus: fehlerhaft, lügnerisch; mediocris, e: mittelmäßig, nur so ziemlich, unbedeutend, unerheblich, gering; alioqui: im übrigen; egregius: auserlesen, ehrenvoll; inspergo, spersi, spersus ere: daraufstreuen; naevus: Muttermal; sordes, is f.: Schmutz, schmutzige Gesinnung; lustra, ae f.: Bordell; lustrum: Morast, Bordell re-pre(he)ndo, prehendi, prehensum, ere: aufhalten, festhalten, fassen, tadelnd gleichs. fassen, packen, anfechten = tadeln; in-sons, sontis: unschuldig, schuldlos; macer, cra, crum: mager; agellus: Gütchen; sus-pendo, pendi, pensum, ere, aufhängen, Partiz.: suspensus, a, um, gehängt, hangend, suspensus tabulam lacerto, eine Tafel am Arme hängen habend; locullus: Plätzchen, Räumchen, Pl. Kästchen, ein Kästchen mit Rechensteinchen (calculi), das die Knaben zum arithmetischen Unterricht mit in die Schule nahmen; octoni, ae, a: distr. je acht, octoni (sc. asses) aeris, je acht As schweres Geld; ut: kausales ut; opprobrium: Vorwurf, Schande; vertere: (so oder so) wenden, auslegen; praeco: Ausrufer; coactor: Makler; merces, idis f.: Lohn |
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Und doch, wenn meine Natur durch wenige mäßige Mängel fehlerhaft ist, im übrigen aber in Ordnung, wie wenn du an einem ausgezeichneten Körper verstreute Muttermale tadelst, und wenn mir jemand weder Geiz noch schmutzige Gesinnung, noch liederliches Leben in Wahrheit vorwerfen wird, wenn ich, um mich (einmal) selbst zu loben, sauber und harmlos lebe als Freund den Freunden, dann war mein Vater dafür der Grund. Der wollte mich nicht, obwohl arm wegen eines mageren Gütchens, in die Schule des Flavius schicken, wohin hochfahrende Jungen, von hochfahrenden Hauptleuten stammend, am linken Arm Kästchen und Tafel hängen habend, gingen, an den Iden je acht As schweren Geldes entrichtend, sondern er hat es gewagt, den Jungen nach Rom zu bringen, der belehrt werden musste im Hinblick auf die Künste, die jeder Ritter und Senator seinen eigenen Sprößlingen lehrt (den aus ihm selbst Entsprossenen). Wenn einer etwa mein Gewand und die folgenden Sklaven gesehen hätte so würde er glauben- weil ja in einer großen Menge -, dass mir jener Aufwand aus einem großväterlichen Vermögen gewährt würde. Er selbst stand mir im Kreis aller Lehrer bei als unbestechlichster Hüter. Wozu viele Worte! Voll Ehrgefühl, welches die erste Zierde der Tugend ist, hat er mich bewahrt nicht nur vor schändlichem Tun, sondern auch vor schändlicher Verdächtigung, und er fürchtete nicht, dass ihm einst einer als Fehler auslegen würde, wenn ich als Ausrufer (bei der Auktion) oder, wie er selbst es war, als Vermittler (zwischen Käufer und Verkäufer bei der Auktion, Fränkel S. 5) kärglichem Broterwerb nachging. Und ich hätte mich nicht beklagt. Und deshalb gebührt ihm nun Lob und recht großen Dank von mir.
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nil me paeniteat sanum patris huius, eoque 90 non, ut magna dolo factum negat esse suo pars, quod non ingenuos habeat clarosque parentes, sic me defendam. longe mea discrepat istis et vox et ratio. nam si natura iuberet a certis annis aevum remeare peractum 95 atque alios legere, ad fastum quoscumque parentes optaret sibi quisque, meis contentus honestos fascibus et sellis nollem mihi sumere, demens iudicio volgi, sanus fortasse tuo, quod nollem onus haud umquam solitus portare molestum. 100 nam mihi continuo maior quaerenda foret res atque salutandi plures, ducendus et unus et comes alter, uti ne solus rusve peregreve exirem, plures calones atque caballi pascendi, ducenda petorrita. nunc mihi curto 105 ire licet mulo vel si libet usque Tarentum, mantica cui lumbos onere ulceret atque eques armos. obiciet nemo sordis mihi, quas tibi, Tilli, cum Tiburte via praetorem quinque sequuntur te pueri, lasanum portantes oenophorumque. 110 hoc ego commodius quam tu, praeclare senator, milibus atque aliis vivo. quacumque libido est, incedo solus, percontor quanti holus ac far, fallacem circum vespertinumque pererro saepe forum, adsisto divinis, inde domum me 115 ad porri et ciceris refero laganique catinum; cena ministratur pueris tribus et lapis albus pocula cum cyatho duo sustinet, adstat echinus vilis, cum patera guttus, Campana supellex. deinde eo dormitum, non sollicitus, mihi quod cras 120 surgendum sit mane, obeundus Marsya, qui se voltum ferre negat Noviorum posse minoris. ad quartam iaceo; post hanc vagor aut ego lecto aut scripto quod me tacitum iuvet unguor olivo, non quo fraudatis inmundus Natta lucernis. 125 ast ubi me fessum sol acrior ire lavatum admonuit, fugio campum lusumque trigonem. pransus non avide, quantum interpellet inani ventre diem durare, domesticus otior. haec est vita solutorum misera ambitione gravique; 130 his me consolor victurum suavius ac si quaestor avus pater atque meus patruusque fuisset. |
paenitet alqm alcis rei u. dgl., es ist jmd. unzufrieden od. nicht zufrieden, -böse über etw., es findet od. fühlt sich jmd. bei etw. nicht befriedigt, es genügt jmdm. etw. nicht, es ist jmdm. etw. nicht genug, es tut jmdm. etw. leid, es ärgert, verdrießt jmd. etw., es reut jmd. Etwas; dolus hier = fraus – Tücke, Schuld; discrepare: verschieden sein; fastus, us, m. (verwandt mit fastigium): das stolz abweisende-, zurücksetzende-, schnöde od. spröde Benehmen, die stolze Kälte, stolze Verachtung, der vornehme Stolz, Hochmut; bl. Akk. rus auf die Frage wohin? = aufs Land, aufs Gut, rus ire; peregre Adv.: auf die Frage wohin? = über Land, in die Fremde; calo: Trossknecht; petorritum: vierrädriger Wagen; curtus: kurz, verstümmelt, curtus mulus: Maultier mit gestutztem Schweif; vel: oder sogar, auch sogar; mantica: Quersack; lumbus: Lende; armus: Vorderbug, Flanken, Schulter; ulcerare: wund drücken, reiben; sordes, is f.: Schmutz, Gemeinheit, schmutzige Habsucht; quacumque:, Adv., (sc. parte, von quicumque) wo nur, überall wo, auf welche Art-, wie auch immer, auf alle Weise; percontari: sich bei jdm nach etwas (aliquod od. de) erkundigen; quanti Genet. pretii: um wieviel, wie teuer, wie hoch; olus, oleris n.: Kohl, Gemüse; far, faris: Spelzweizen; vespertinus: abendlich; divinus auch: Wahrsager; porrum, i n.: Schnittlauch; cicer. ciceris n.: Kichererbse; laganum: Ölpfannekuchen, als Speise für Ärmere, Hor. sat. 1, 6, 115.; catinus: Schüssel; lapis, idis albus: weiße Marmorplatte als Tisch; cyathus: Schöpflöffel; sustineo, tinui, ere: etw. in die Höhe-, aufrecht-, emporhalten, stützen, nicht sinken lassen, halten, tragen; echinus: Spülnapf; vilis, e: wohlfeil, billig, wertlos; patera, ae, f. (pateo), ein flaches Trink- u. Opfergeschirr (zu Libationen), die Schale, Opferschale; guttus: enghalsiger Krug; supellex, lectilis f.: Hausrat, Gerät; tacitus: schweigend, in Gedanken vertieft, still, geheim; unguere: salben; olivum = oleum; immundus: unrein; fraudare: betrügen; lucerna: Lampe; ast = at; trigon, onis m.: Ball(spiel), Dreiball; prandeo, prandi, pransum, ere: ein Frühstück einnehmen, frühstücken, pransus, a, um (prandeo), der gefrühstückt-, einen Imbiß genommen hat; interpellare: in die Rede fallen, etwas einwenden, hindern; domesticus, a, um (domus): zum Hause-, zur Familie gehörig, sie betreffend, häuslich; otior, atus sum, ari (otium): Muße haben, -genießen, müßig sein; atque si: als wenn, gleich als wenn, |
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In keiner Weise reut mich, da ich ja kein Narr bin, ein solcher Vater, und deswegen werde ich mich nicht so verteidigen, wie ein großer Teil sagt, dass es nicht durch seine Schuld geschehen sei, dass er keine edlen und berühmten Eltern habe (und deshalb nicht aufgestiegen sei). Meine Rede und mein Denken sind weit von jenen verschieden. Denn wenn die Natur befähle, von bestimmten Jahren an eine verbrachte Lebenszeit zu wiederholen und andere Eltern zu wählen, die jeder dem Stolz entsprechend sich wünsche, ich würde, zufrieden mit den meinen, mir nicht nehmen wollen, die in Ehren stehen durch Rutenbündel und Sessel - töricht nach dem Urteil des Volkes, vernünftig vielleicht nach deinem, weil ich, niemals daran gewöhnt, nicht eine beschwerliche Last tragen wollte. Denn andauernd müsste von mir ein größeres Vermögen erstrebt werden, mehrere müssten begrüßt werden (beim Morgenbesuch), der eine oder andere Begleiter müsste mitgeführt werden, damit ich nicht allein aufs Land oder in die Ferne reise, Knechte und Pferde müssten unterhalten, Wagen mitgeführt werden. Nun ist es mir erlaubt, auf einem Maultier mit gestutztem Schweif, dem der Quersack mit seiner Last die Lenden und der Reiter die Flanken wundmacht, auch sogar wenn es mir gefällt, bis nach Tarent zu reisen. Niemand wird mir schmutzige Habsucht vorwerfen, die sie dir, Tillius, vorhalten, wenn auf der Straße nach Tibur dir als Praetor fünf Jungen folgen, die den Nachttopf und den Weinkorb tragen. Hierin und in tausend anderen Dingen lebe ich angenehmer als du, herrlicher Senator. Wo auch immer meine Neigung ist, treffe ich allein ein. Ich erkundige mich, wie teuer der Kohl ist und der Weizen, durchstreife den (durch Gaunern) berüchtigten Circus maximus und oft das abendliche Forum, stehe neben den Wahrsagern, von wo ich mich nach Haus begebe zu der Schüssel mit Schnittlauch, Erbsen und Kuchen. Die Mahlzeit wird durch drei Sklaven aufgetragen, und die weiße Marmorplatte trägt zwei Becher mit dem Schöpflöffel, dabei steht ein wertloser Spülnapf, ein enghalsiger Krug mit einer Schale, kampanischer Hausrat. Dann gehe ich schlafen, nicht beunruhigt, dass ich morgen in der Frühe aufstehen muss, dass der Marsyas (auf dem Forum) besucht werden muss, der sich weigert, die Physiognomie des Jüngeren der Novii ertragen zu können. Bis zur vierten Stunde (ca. 10.00h) bleibe ich liegen; nach dieser Stunde streife ich umher oder lasse mich, nachdem das, was mir still Freude macht, gelesen oder geschrieben worden ist, mit Öl salben, nicht mit dem der schäbige Natta (gesalbt wird), nachdem er die Lampen betrogen hat. Aber sobald die allzu heftige Sonne mich Müden mahnt baden zu gehen, fliehe ich das Marsfeld und das Dreiball-Spiel. Nachdem ich nicht gierig gefrühstückt habe (12.00h), soviel dass es hindert mit leerem Bauch den Tag durchzuhalten, genieße ich als häuslicher/zu Hause der Muße. Dies ist das Leben derer, die befreit sind vom kläglichen und drückenden Ehrgeiz. Dadurch tröste ich mich, der dabei ist ein Leben zu führen angenehmer, als wenn mein Großvater, mein Vater und mein Onkel Prätor gewesen wäre.
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Buch I, 4. Satire / Buch I, 10. Satire
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